In Produktinnovationen liegt ein Schlüssel zur Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern. Wichtigstes Ziel ist neben Produkt- und Prozessverbesserungen mehr Kundennähe. Zusätzlich muss man berücksichtigen, daß bei Versicherungen andere Rahmenbedingungen gelten als beispielsweise in der Lebensmittelindustrie.
Um eine Produkteinführung erfolgreich durchzuführen, sind im
Vorfeld eine Reihe von Fragen unter Einbeziehung verschiedener
Unternehmensfunktionen zu klären:
Stimmt das Produkt mit den Lebensgewohnheiten der potentiellen Kunden
überein und deckt es deren wahrgenommene Risiken? Haben die potentiellen
Kunden die Möglichkeit, die Vorteile der Neuerung wahrzunehmen und
kennenzulernen?
Ist ein attraktiver und ausreichend großer Markt vorhanden? Werden die
Vorteile gegenüber Konkurrenzprodukten deutlich?
Kann das Produkt in ausreichend ausgereifter Form rechtzeitig am Markt
eingeführt werden?
Kann das neue Produkt kostengünstig vertrieben und rationell verwaltet
werden?
Interessante Versicherungslösungen für die Abdeckung neuer Risiken entstehen in einem neuen Umfeld, dem Internet. Von zunehmendem Interesse ist auch der Schutz geistigen Eigentums. Im Bereich von Patent-, Lizenz-, Urheber- und Markenrecht wird Versicherungsschutz zunehmend wichtiger. Durch das hohe Innovationstempo in vielen Branchen und die modernen Kommunikationsmedien, insbesondere das Internet, ist das Thema sehr unübersichtlich. Von Bedeutung ist vor allem die Gefahr der Verletzung von Schutzrechten durch den Versicherungsnehmer selbst.
Die populärsten Aktivitäten im Bereich der Produktinnovationen werden auch heute bei der Umgestaltung der Tariflandschaft in der Kraftfahrtversicherung entfaltet. Als Rabattitis sind diese Entwicklungen eher kontraproduktiv.
Neuerungen sind im Freizeitbereich, beispielsweise bei der selbständigen Versicherung von Fahrrädern auch mit der Einbeziehung von Schutzbriefleistungen, möglich. Die Ergänzung bzw. Erweiterung der Unfallversicherung zur Kinderinvaliditätsversicherung bringt eine sinnvolle Verbesserung des Kundennutzens.
Beim Schutz vor Risiken auf Privat- und Dienstreisen sind weitere sinnvolle Lösungen möglich. Die Erweiterung der Haftpflichtversicherung um die Forderungsausfallversicherung ist aus Sicht des Versicherungskunden ebenfalls ein Gewinn. Mit der privaten Arbeitslosigkeitsversicherung wird ein weiteres Risiko teilweise durch die Versicherungswirtschaft abgedeckt, wobei nicht übersehen werden darf, daß die Beeinflussung des Risikos aus dem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld die Produktgestaltung maßgeblich beeinflußt.
Neu und spektakulär ist die Versicherung gegen die Folgen von Entführungen und Lösegelderpressung. Directors & Officers-Versicherungen sind durch die Jahr-2000-Problematik verstärkt in das Blickfeld gerückt. Insbesondere bei diesen beiden Produkten ist der Kreis der potentiellen Kunden, die diese Lösungen sinnvoll nutzen können, jedoch eher begrenzt.
Von hoher Aktualität ist auch die Absicherung von Arbeitszeitkonten gegen Insolvenz. Der Gesetzgeber hat Rahmenbedingungen für die Einrichtung von Arbeitszeitkonten geschaffen. Die Absicherung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers kann durch Versicherungsunternehmen sinnvoll übernommen werden. In der Diskussion sind in diesem Zusammenhang auch Bürgschafts- und Kautionsversicherungen.
Ausgangspunkt und Ziel aller Überlegungen zur innovativen Gestaltung von Versicherungsprodukten ist der potentielle Kunde. Dazu ist es erforderlich, die Vorteile von Versicherungslösungen aus Sicht des Kunden zu erkennen, zu deuten und zu verkaufen. Ein Weg dorthin ist die Analyse und Kategorisierung von Kundenpersönlichkeiten mit ihren individuellen Wertvorstellungen. Daraus läßt sich jeweils der spezifische Versicherungsbedarf und damit das Versicherungspotentials ermitteln. Auf dieser Grundlage ist eine gezielte Bedarfsdeckung möglich.
So können beispielsweise Produkte, die die Erwerbsbiografien von Frauen besonders berücksichtigen, entwickelt werden. Ein anderes gängiges Beispiel sind Policen für Existenzgründer. Auch gewinnt die Mitversicherung klassischer Ausschlüsse wie das Tauchen, das Betreiben von Motorsportarten oder Extremsport zunehmend an Bedeutung.
Relativ einfach umzusetzen ist die Bündelung bestehender Versicherungslösungen zu umfangreichen Paketen. Dazu gehören Lösungen für Gewerbebetriebe bestimmter Branchen. Versicherungspakete für die Abdeckung der Risiken bestimmter Berufsgruppen sind ebenfalls sinnvoll. Relativ verbreitet sind Bündelungen im Privatkundengeschäft verbunden mit der Hoffnung auf Bindung lukrativer Kundengruppen wie junge Leute oder junge Familien. Produkte für gehobene Privatkunden sind von großem Interesse für Versicherungsunternehmen, wobei dieses Kundensegment eher begrenzt ist. Zu den in diesem Umfeld angebotenen Lösungen gehören auch Rentenversicherungen zur Finanzierung des Ruhesitzes einschließlich der Betreuung im Alter.
Aus der Sicht des Versicherungskunden sollten Komplettpakete interessant sein, bei denen die Leistungen verschiedener Versicherungen ineinandergreifen, ohne daß Lücken oder mehrfache Deckungen desselben Risikos auftreten. Noch besser wäre die Stiftung eines Nutzens für den Kunden über den konventionellen Deckungsumfang hinaus.
Gerade in der jüngeren Vergangenheit war die Umsetzung von Produktinnovationen mit der Verfolgung guter Risiken verbunden. Falls sich die Produktentwicklung nur auf die Zuweisung von Rabatten beschränkt, werden aus den ehemals guten Risiken natürlich schnell durchschnittliche, wenn nicht sogar schlechte Risiken. Hinzu kommt die Gefahr von Selektionsbewegungen im Bestand, falls nicht alle Versicherungsunternehmen derselben Rabattrichtlinie folgen.
Auf der anderen Seite ist die Umsetzung neuer Produkte aus Unternehmenssicht immer mit der innovativen Lösung interner technischer Probleme verbunden. Hilfreich ist in jedem Fall eine flexible technische Produkt- und Vertragsverwaltung. Dabei darf jedoch die Flexibilität nicht zum Selbstzweck werden. Statt dessen steht die Vermittlung von Kundennutzen und der Verkauf von Versicherungsprodukten im Mittelpunkt.
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